Neue Hoffnung für Migräne-Patienten: Wissenschaftler arbeiten an der Entwicklung eines Gerätes, dass die Nervenbahnen im Gehirn stimuliert und die gefürchteten Schmerzattacken blockiert. "Durch einen schwachen Stromimpuls lässt sich die Empfindlichkeit von Nervenzellen herauf- oder herabsetzen", erläuterte der Göttinger Forscher Walter Paulus am Donnerstag auf dem Deutschen Schmerzkongress in Leipzig. Dies solle für Patienten nutzbar gemacht werden, die unter chronischen Kopfschmerzen leiden. Wie Paulus weiter ausführte, kommt es bei Migräneattacken, insbesondere bei der von Flimmern begleiteten Migräne, zu einer Übererregung bestimmter Hirnregionen. Durch den Einsatz einer Gleichstromstimulation soll die gesteigerte Erregbarkeit des Gehirns gehemmt zu dadurch schon zu Beginn einer Migräneattacke Linderung für die Patienten geschaffen werden.
Wenn sich die bisher gemachten Forschungsergebnisse weiter bestätigen ließen, könnte am Ende ein handliches Gerät entwickelt werden, das die Patienten zu Hause selbst einsetzen können, sagte Paulus. Allerdings warnte der Göttinger Professor vor allzu großen Hoffnungen auf eine schnelle Umsetzung in die Praxis. "Mein persönliches Ziel ist es jedoch, in drei Jahren sagen zu können, dass es funktioniert", erklärte Paulus. Es könne jedoch sein, dass die Anwendung zunächst auf eine kleine Patientengruppe beschränkt sein wird.
Sein Münchner Kollege Walter Zieglgänsberger berichtete von neuen Forschungen, die dem Patienten ermöglichen sollen, seinen Schmerz zu vergessen. "Dazu müssen wir aber die bisher häufig vorgenommene Trennung von körperlichem und psychischem Schmerz endlich aufgeben", erklärte der Mediziner vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie. Denn bei chronischen Schmerzpatienten sei es die Angst, die überwiege, der Schmerz sei erlernt. "Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer zweiteiligen Behandlung aus Schmerzmedikamenten und Verhaltenstherapie", erläuterte Zieglgänsberger.
Dabei werde zunächst der Schmerz mit Hilfe eines Medikamentes ausgeschaltet. Der nun schmerzfreie Patient muss alle Bewegungen machen, die ihm sonst wehtun. Dabei lernt er, dass diese Bewegungen an sich gar keinen Schmerz verursachen. Seine diesbezüglichen Erwartungen erweisen sich als falsch und die überraschende Erfahrung der Schmerzfreiheit wird im Gehirn gespeichert.
"An der Krücke Schmerzmedikament macht der Patient alle Bewegungen, die ihm der Schmerz sonst verwehrt und macht dabei die Erfahrung, was ihm alles entgeht", berichtete Zieglgänsberger. Dadurch werde er wieder genussfähig und sehe ein Ziel, für das es sich lohne, den Schmerz zu bekämpfen. So werde das im Gehirn gespeicherte "Programm chronischer Schmerz" quasi überschrieben. Die Bewegungen sind nicht mehr mit negativen Erwartungen verbunden. Als Folge dieses so genannten "Re-learning"-Prozesses besserten sich die seelische Verfassung und die Kondition der Betroffenen, und bei manchen könnten die Scherzmedikamente vielleicht sogar ganz abgesetzt werden.