In Deutschland droht eine Diabetes-Epidemie: Schon heute sind mehr als sechs Millionen Menschen in der Bundesrepublik am so genannten Altersdiabetes vom Typ II erkrankt, wie die Europäische Diabetesgesellschaft (EASD) am Donnerstag vor ihrer Jahrestagung in München berichtete. Bis zum 2010 seien zehn Millionen Patienten zu erwarten. Der jüngste Typ-II-Diabetiker sei ein fünfjähriger, übergewichtiger Junge in Leipzig, sagte EASD-Vizepräsident Eberhard Standl.
Angesichts immer mehr Übergewichtiger, Diabetiker und Herz-Kreislauf-Kranker sprach der Münchner Professor von einer weltweiten "dreifachen Epidemie". EASD-Direktor Viktor Jörgens sagte, die genauen Ursachen seien völlig unbekannt. Wenn ein Forscher erklären könne, warum junge Menschen plötzlich ihre Beta-Zellen zerstörten, müsse er den Nobelpreis bekommen. Von den Genen bis zu Viren als Ursache gebe es "die wildesten Theorien".
Einen zweiten Nobelpreis werde gewinnen, wer die Ursache des so genannten Altersdiabetes aufklären könne, sagte Jörgens. Erbanlagen spielten eine wichtige Rolle. Die Insulin-Empfindlichkeit werde offenbar schon in früher Kindheit festgelegt. Viel Bewegung und vernünftige Ernährung könnten das persönliche Diabetes-Risiko aber deutlich senken, betonten die Ärzte.
Als "Knüller" des EASD-Kongresses kündigten die Professoren eine Studie über die Behandlung von Diabetikern an, die einen Herzinfarkt erlitten haben. 1.253 Patienten waren in drei Gruppen unterteilt und zum Teil kurzfristig mit einer Traubenzucker-Insulin-Infusion behandelt worden, zum Teil langfristig und zum Teil mit herkömmlichen Medikamenten. Das Ergebnis soll am Montag veröffentlicht werden und "erheblichen Einfluss auf die tägliche Behandlung von Millionen Patienten mit Diabetes mellitus" haben. Für den weltweit größten Diabetes-Kongress von Sonntag bis Donnerstag haben sich 2.500 Forscher und Teilnehmer in München angemeldet.
Berichte, wonach in Holland und Frankreich zwei Drittel weniger Menschen an dem Zuckerleiden erkrankten als in Deutschland, bezweifelte Jörgens. Auch wenn unterschiedliche Ernährungs- und Bewegungsgegewohnheiten eine Rolle spielten, seien doch auch die Datensammlungen sehr verschieden. Englische Ärzte mäßen seltener Blutzucker als deutsche, so dass es dort zunächst scheinbar weniger Erkrankungen gebe. Die späte Diagnose führe allerdings anschließend zu mehr Komplikationen.
Die Stoffwechselstörung Diabetes führt nicht nur zu erhöhten Zuckerkonzentrationen im Blut, sondern auch zu Durchblutungsstörungen, Herzinfarkt und Schlaganfällen. In den Industrieländern ist die Zuckerkrankheit die häufigste Ursache für Erblindung bei Erwachsenen sowie einer der wichtigsten Gründe für schwere Nierenschäden. Die meisten Patienten leiden am Typ-II-Diabetes, lediglich zehn Prozent der Betroffenen - vor allem junge Menschen - haben Diabetes vom Typ I.
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Anmerkung von migraeneinformation.de:
Ein Kandidat für den in dem Artikel ausgerufenen Medizin-Nobelpreis sollte dann eigentlich bereits feststehen: Dr. Wolfgang Lutz.