Polnische Kurorte, Privatkliniken und Zahnarztpraxen im grenznahen Raum locken zunehmend deutschen Patienten an. Seit dem EU-Beitritt Polens nutzten immer mehr Bundesbürger die Dienste der deutlich preiswerteren polnischen Gesundheitseinrichtungen und Wellnessdienstleister, sagte die Kurchefin im Seeheilbad Kolberg (Kolobrzeg), Ewa Glanc. Das traditionsreiche Heilbad an der polnischen Ostseeküste, in dem im Sommer etwa 350 000 Kurgäste betreut werden, habe in diesem Jahr einen unerwarteten Ansturm von Ausländern erlebt. Etwa 88 Prozent der rund 100 000 ausländischen Patienten seien aus Deutschland gekommen. Nach dem Wegfall der Grenzkontrollen schrecken laut Glanc auch ältere Menschen nicht mehr vor einer Fahrt in das 100 Kilometer von der Grenze entfernte Kolberg zurück.
Im härter werdenden Wettbewerb mit deutschen Mitbewerbern zum Beispiel auf der Insel Usedom lockt die wachsende polnische Wellness-Branche mit Preisvorteilen von bis zu zwei Dritteln. Zudem ermöglichen die steigenden Umsätze die Sanierung der größtenteils aus den 60er Jahren stammenden Einrichtungen.
Nach Einschätzung des Rostocker Medizinprofessors Horst Klinkmann können die Kureinrichtungen im Nachbarland binnen kurzer Zeit das Leistungsniveau der Häuser in Mecklenburg-Vorpommern erreichen. Wenn man in Deutschland nicht anfange, adäquate Preise anzubieten, könnte der Konkurrenzdruck schon zur nächsten Sommersaison spürbar werden, sagte der Aufsichtsratschef von BioCon Valley. Das Leistungsniveau im Osten dürfe nicht unterschätzt werden. Dort gebe es noch "echt hungrige Unternehmer".
Die Privatklinik Krojanty von Tomasz Winiecki zum Beispiel hat sich auf die schmerzfreie Behandlung von verschobenen Hals- und Lendenwirbeln, Kopfschmerzen und Migräne spezialisiert. In dem in einem Landgut im Nationalpark "Tucholer Heide" gelegenen Haus werden jährlich etwa 1500 Patienten behandelt, jeweils 7,5 Prozent von ihnen kommen aus Deutschland und Skandinavien. Mit EU-Fördermitteln entsteht bis September 2005 ein zweites 50-Bettenhaus. "Wir führen erste Vertragsgespräche mit privaten Krankenkassen in Deutschland", sagt der 57-jährige Klinikchef.